Mephisto Walz-Gründer BariBari friert

Mit einiger Verzögerung betraten Mephisto Walz, der Hauptact des Abends und Highlight des Festivals, die Bühne. Dass neun Jahre seit ihrem letzten Auftritt vergangen sein sollen, war keinen Moment zu spüren und die alten Herrschaften spielten routiniert ihre Hits runter. Lag es an der Kälte, an der vorgerückten Stunde oder an der großen Erwartungshaltung: rechte Stimmung wollte nicht aufkommen. Zwar feuerten die vorderen Reihen ihre Helden ordentlich an und Sängerin Christianna bedankte sich freudestrahlend für die herzliche Aufnahme. Zum Tanzen fühlten sich jedoch die wenigsten angeregt. Erst bei "Paint It Black", dem letzten Lied des regulären Sets, kam noch einmal richtig Stimmung auf, die noch für drei Zugaben reichte. Dann war Schluss und ich hatte mich schon zum Aufwärmen in die Diskoscheune zurück gezogen. Nach einer halben Stunde traten wir von hier aus den Rückzug an, um wieder in unserer Pension dem Grundsatz aller schwarzen Gestalten zu frönen - Carpe noctem!

Der nächste Tag brachte erst einmal einen kulturellen Höhepunkt der anderen Art - wir besuchten den Schmetterlingspark in Wittenberg. All die Farben und die Wärme bedeuteten Erholung für Auge und Körper. Sehr empfehlenswert!

Solcherart gestärkt betraten wir das Festivalgelände, um uns die letzte Dosis Gothic Rock zu geben. Gereicht hat es dann letztendlich nur noch für Cold, die mir zu sehr nach The Cure zu Zeiten von Wish klangen und Sepulcrum Mentis. Diese wiederum schienen mir zu sehr bemüht, die Leute vor der Bühne von der Qualität ihrer Musik zu überzeugen, anstelle einfach drauf los zu spielen und Spaß zu haben. Wirklich auffällig waren nur die beiden Damen in der Band, die eine an der Gitarre, die andere hinterm Schlagzeug. Ein seltener, dafür um so erfreulicherer Anblick. Für uns war dann auf jeden Fall Schluss und wir traten den Heimweg an. Im Laufe des Abends sollen The Last Dance dann noch die überzeugendste Show geboten haben, vielleicht hat man aber später noch einmal die Gelegenheit das zu begutachten.

Am Ende eines jeden Festivals steht ein Fazit - mit anderen Worten die Beantwortung der Frage: Hat sich das Ganze gelohnt, der Eintrittspreis, die Fahrt, das Frieren? Für die Herbstnächte 2002 ist diese Frage eindeutig mit "Ja" zu beantworten, auch wenn die Schnittmenge zu meinem persönlichen Musikgeschmack nicht allzu groß war. Was in Raben zählt, ist die Atmosphäre. Die Security ist ruhig und entspannt, Ärger gibt es im Prinzip keinen. Die Preise für Eintritt, Essen und Trinken sind moderat und gehen voll in Ordnung. Das wirkt sich natürlich auf das Publikum aus, das ebenfalls sehr entspannt seiner Wege geht. Die etwas abseitige Lage des Festivalortes, die deutliche Fokussierung auf Gitarrenbands und die terminlich bedingte schlechtere Witterung als zu Pfingsten sorgen dafür, dass wirklich nur ein harter Kern der Schwarzen Szene den Rabenstein erklimmt - und das ist gut so. Xtra-gestylte Poser trifft man hier kaum und auch das aus Leipzig bekannte Schaulaufen entfällt. Dem Verkauf von irgendwelchem Ramsch wird nicht allzu viel Platz gegeben, die Musik steht eindeutig im Vordergrund. Insgesamt also die besten Voraussetzungen dafür, dass sich auch Szeneveteranen wie ich wohl fühlen können, die sich sonst ob ihrer eher unauffälligen Kleidung und Frisur in diversen Tanztempeln wie ein Fremdkörper vorkommen müssen. Schluchz!

An dieser Stelle noch einmal Dank an ad lunam für das schöne Festival und an The House Of Usher für die nette Gratis-CD. Weiter so!

 

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