1972 - DEATHAWAITSYOUWITHOPENARMS (CD, 1972music)

Fast schon grenzt es an Masochismus, sich dieser Musik auszusetzen, denn Freude verbreitet "1972" keine. Schließlich geht es ja nicht um "Urlaub, Strand & Sonnenschein", sondern um die Zerstörung der Umwelt durch den Menschen. Schon das Vorgänger- und Erstlingswerk "Coma" war ein ziemlich harter Brocken und von "Hörgenuss" konnte keine Rede sein. "Death..." kommt noch ein ganzes Stück sperriger daher. Viel Neues gegenüber "Coma" gibt es jedoch nicht anzumerken, die Zutaten sind fast die gleichen, das Ergebnis ähnlich: ein düsterer Soundtrack, dem die ebenso finstere Thematik quasi aus den Poren tropft.
Während ich bei "Coma" noch einigermaßen mit dem 1972er Sound klar kam, empfinde ich "Death…" über weite Strecken als anstrengend. Gerade Stücke wie "TV God" sind sehr "breiig" und laden nicht unbedingt zum konzentrierten Hören ein.
Umso öfter ich dem Werk lausche, umso deutlicher tritt auch mein Problem damit zutage. 1972 sind mir derzeit einfach zu langsam oder vielleicht ist der hier gebotene Film einfach nur zu weit von meinem eigenen Empfinden entfernt, so dass mir jeglicher Zugang fehlt. Dieses Gefühl einer Bleiplatte auf dem Brustkorb stellt sich wieder ein und es erweist sich als zweckdienlich, sich von dieser Last zu befreien… Musik aus.

PS: Die Gestaltung (DVD-Cover, schwarze CD-R) ist wieder mal sehr ansprechend.

Titel: 1. black emperor 2. ...with open arms 3. tv god 4. nein niemehr! 5. silence for leon 6. barcode 7. bacca 8. !nothing 9. jazzy's alptraum 10. überdosis 11. mute 12. prayer 13. kill me again

 

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1972 - Coma (Eigenverlag, lim. ed.)

"Musik ein."
Eine Tour de Force beginnt. 1972 hat mit "Musik" im herkömmlichen Sinn, so wie sie alltäglich konsumiert wird, nicht allzu viel zu tun. "Coma" tropft als ultradüstere Klangcollage aus den Boxen bzw. in die Kopfhörer, denn so sollte dieses Werk gehört werden - per Kopfhörer.
Es dominieren statische Soundscapes, die mit einer Vielzahl an mehr oder weniger deutlich wahrnehmbaren und unterscheidbaren Ebenen überlagert werden. Sprachsamples, elektronisches Knistern, gregorianische Chöre und Melodiefragmente korrespondieren geschickt mit reduzierten Drones. Das erinnert manchmal ein wenig an Archon Satani, Schloß Tegal oder Bad Sector, um nur mal ein paar Bezugspunkte zu nennen. Mit fortschreitender Spielzeit schleichen sich immer mehr Rhythmen ein, die aber nie gradlinig sind, sondern stets gebrochen und verstörend daherkommen. Alles zusammen ergibt eine klaustrophobische Atmosphäre, der man sich nur sehr schlecht entziehen kann, auch wenn man gewillt ist, dies zu tun. Die zum Teil psychopatischen Samples tragen einen nicht unwesentlichen Teil dazu bei, dass sich beim Hören ein bleiernes Tuch über dem Probanden ausbreitet. Spaß macht das wirklich keinen und manchmal wird es richtiggehend schmerzhaft, wenn die Frequenzen besonders wild umherwirbeln! Dass "Coma" nicht "angenehm" klingt, liegt sicher am Thema, dem sich 1972-Macher Leander Koerfer widmet: Hier geht es um die Grausamkeiten der Welt, um Tierversuche, um den Mord an lebenden Kreaturen. Einen ähnlichen Ausgangspunkt hatten bereits Skinny Puppy für ihr Schaffen gewählt und wie die Kanadier ist Leander konsequent in seinem Handeln und zum Veganer geworden. Nun kann man als Fleisch fressendes Individuum davon halten, was man will, wenn ein Mensch sich für diese Lebenseinstellung entschieden hat, muss man das akzeptieren. Wenn selbiger Mensch seine Gefühlswelt zum Sachverhalt und zu anderen Problemen wie Umweltzerstörung und Atomkraft mit solch einem gekonnten, wenn auch schmerzhaften Soundtrack auszudrücken weiß, kann man eigentlich nur den Hut ziehen. Bleibt zu hoffen, dass sich von 1972 und ähnlich gearteten Projekten ein paar Menschen aus ihrer lethargischen Haltung reißen lassen, doch wahrscheinlich glauben nur Idealisten daran, mit ihrer Kunst etwas verändern zu können.

Titel:
1. injection 2. no romance 3. dead drive 4. seytan 5. myst 6. consequence 7. over the rainbow 8. atom(ohn)macht 9. thinx 10. krieg

 

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