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V.A.
- Diacetylmorphin (CD,
Steinklang)
Drogen haben
schon unzählige Künstler inspiriert. Nach dem ersten, unvergleichlichen
Hoch folgt jedoch meist der langsame aber tiefe Fall. "Ich habe gesehen,
was Drogen aus Menschen machen können", erklärt der Geraer Ronny Herling
seine strikte Abneigung gegen die suchterzeugenden Stoffe. Mit dem vorliegenden
Sampler - Diacetylmorphin ist die chemische Bezeichnung für Heroin - will
er sich mit den Mitteln industrieller Klangkunst gegen Drogenmissbrauch
aussprechen. Neben zwei Titeln seines eigenen Projektes Tardive Diskenesia
finden sich auf der CD Stücke von Atrox, Leiche Rustikal, Control und
The Music Wreckers, dem Nachfolge-Projekt von Thorofon.
TARDIVE DISKENESIA
bietet die üblichen dunkel-ambienten Klanglandschaften, "Learn To Be Weak"
glänzt dabei mit einem hervorragendem Sample, "Little Boy" zeigt sich
ungewohnt rhythmisch und "eingängig". Die verzerrten, weit nach hinten
gemixten Stimmen beschwören eine zum Thema passende, unheilvolle Stimmung
herauf.
ATROX's Beitrag heißt programmatisch "14 Minuten Delirium". Zu flirrenden
Sounds und einem stumpfen Midtempo-Bassrhythmus teilt Birgit, Stöfis Mitstreiterin
bei der Tiroler Horn Section, in englischer Sprache und leicht verfremdet
Wissenswertes zum Thema Heroin mit. Kaum merklich wird das Klangbild immer
harscher und statt der erklärenden Frauenstimme sind verzerrte, unheimliche
Wortfetzen und Schreie zu hören. Die Intensität steigert sich fast bis
ins Unerträgliche. Spaß macht das keinen und soll's wohl auch nicht.
Dann
wird es ein klein wenig "poppiger". Wüsste ich es nicht besser, dann würde
ich auf ein neues Stück von November Növelet tippen. Ist es aber nicht,
sondern ein Werk von THE MUSICK WRECKERS, dem Nachfolgeprojekt von Thorofon.
Die beiden Münchner haben es geschafft, dass ihr Sound immer etwas Typisches
hat, auch wenn angedeutete Verwechslung durchaus möglich ist. Typisch
auch der leicht gegeneinander verschobene männliche und weibliche Gesang,
die Sequencerrhythmen sowie der klare Klang des elektronischen Schlagzeugs.
Worin der große Unterschied zu Thorofon liegt, ist mir noch nicht ganz
klar, vielleicht löst sich das Rätsel nach mehrmaligem Durchhören des
Abschieds-Tonträgers. Stilistisch erinnern die MUSICK WRECKERS an die
Anfangsphase von SPK - eine sehr positive Referenz für eine Indsutrial-Band
unserer Tage, meiner bescheidenen Meinung nach. Die beiden auf dem Sampler
vertretenen Doppel-Stücke sind sehr spröde und kühl, weder zum tanzen
noch zum Mitsingen geeignet. Das
abschließende "Back In The Mud" überrascht gar mit avantgardistischen
Klangstrukturen.
LEICHE RUSTIKAL, ein Seitenprojekt von Stupor, stehen ebenso wie T.D.
für Dark Ambient-Sounds. Und genau diese liefern sie auch hier ab. "Synapses"
verbindet tiefe Drones mit schwebenden, eiskalten Klangflächen, die mit
einem Brutzeln ineinander gleiten. "Äther" beginnt ein Stück weit hektischer
und verwirrender wird nach einer entrückten Einleitung immer komplexer.
Zur atmosphärischen Basis gesellen sich knisternde Sounds und monotones,
tieffrequentes Schlagwerk.
Nach der bis dahin eher ruhigen Platte geht es mit dem amerikanischen
Power Noise-Projekt CONTROL zum Schluss noch mal richtig heftig zur Sache.
Wie im Genre üblich, überhäuft der Amerikaner den Hörer mit harten Klangkaskaden,
ungewöhnlich für "Fiending" ist dabei, dass außer, von der Masse des Krachs
fast erstickten Stimmen kaum noch einzelne Elemente des Infernos voneinander
zu unterscheiden sind. Erst gegen Ende löst sich das Ganze wieder ein
wenig auf. "Rise Against" besteht noch aus voneinander trennbaren Klangschichten,
trotz des harschen Sounds könnte man es noch als Ambient bezeichnen, doch
auch hier wäre weniger vielleicht mehr gewesen. Durch die Fülle an Eindrücken
geht ein wenig die Kraft des Stückes verloren.
Insgesamt lässt
sich sagen, dass der vorliegende Sample neben seinem positiven Anliegen
auch eine gute Gelegenheit ist, sich einen Überblick über die verschiedenen
Spielarten heftiger elektronischer Musik zu verschaffen.
Titel:
1. Tardive
Diskenesia - Learn To Be Weak 2. Tardive Diskenesia - Little Boy 3. ATROX
& MS ' SM 4. The Music Wreckers - Gliding Down (The Needle) / Open Sky
5. The Music Wreckers - Shake / Back Into The Mud 6. Leiche Rustikal -
Synapses 7. Leiche Rustikal - Äther 8. Control - Fiending 9. Control -
Rise Against
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