Amber Asylum – Live In Wroclaw (LP, Cathedral Music)


Bereits seit Mitte der 1990er Jahre ist Amber Asylum, das Projekt um Songschreiberin und Multiinstrumentalistin Kris Force aktiv, bisher hat die nur aus Frauen bestehende Band sieben Studioalben veröffentlicht. Die vorliegende LP ist somit das achte Langwerk und wie der Name schon nahelegt, ein Live-Mitschnitt vom Auftritt Amber Asylums beim 2011er Wroclaw Industrial Festival. Da die polnischen Veranstalter den Begriff des Industrial (dankenswerterweise) sehr weit auslegen, sollte hier niemand elektronischen Krach erwarten. Stimmungsmäßig ist zwar eine Nähe zum Dark Ambient da aber die Damen aus San Francisco bedienen sich zur Klangerzeugung echter Instrumente, die zwar „processed“ werden aber noch immer zu erkennen sind. So finden sich auf den Plattencover 
neben „Electronics“ Violine, Viola, Gitarre und Piano als Klangerzeuger gelistet. Nicht zu vergessen der an „heavenly voices“ erinnernde Gesang, der hervorragend zur schwebend-melancholischen Atmosphäre der Songs passt. Post-Rock und moderne Klassik gibt die Band selbst als Bezugsquellen für ihre Musik an, ich würde als Orientierungshilfe Bands wie Godspeed You Black Emporer!, Bohren und der Club Of Gore oder auch Sieben nennen. Also alles keine Musik für den schnellen Konsum, sondern solche, in der man versinken kann, vorausgesetzt, man lässt sich die Zeit.
Auf „Live in Wroclaw“ finden sich sechs Stücke in ausgezeichneter Tonqualität, darunter Titel, die (wahrscheinlich) noch unveröffentlicht sind und eine Coverversion von Candlemass' „Tot“. Gäbe es nicht zwei kurze Ansagen und die entsprechenden Zuschauerreaktionen, könnte man fast denken, das hier Studioaufnahmen zu hören sind. Das Publikum scheint keinen Mux von sich zu geben, zumindest hat man die Störgeräusche perfekt eliminiert. Auch wenn ich am Abend des Konzertes vor Ort war, ist mir nicht mehr so recht erinnerlich, ob die Menge laut oder diszipliniert war aber ich denke mal, dass sich die Anwesenden von der betörenden Kammermusik einfach haben bezaubern lassen. Trotzdem streiken Phantasie und/oder Erinnerungsvermögen bei der Frage, wie die Zuhörer es geschafft haben, die ganze Zeit stehend zu lauschen, ohne auf den Boden zu sinken und das Gebotene in einer bequemen Lage zu genießen. Etwas, was man vor der heimischen Anlage unbedingt tun sollte: Platte starten, entspannt aufs Sofa legen und einfach die Gedanken fliegen lassen. Ein angenehm melancholische Stimmung ist garantiert. 

Alles in allem ein sehr schönes Werk für Freunde ruhiger Klänge, das auch eine ansprechende Gestaltung erfahren hat, bis hin zum weißen Vinyl, das neben der Limitierung auf 300 Stück Sammlerherzen höher schlagen lassen wird.

 

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