Knoed - Mère Ravine Entelecheion (CD, Dead Masters Beat)


Das Erste, was an dieser CD auffällt, ist ihre schöne Gestaltung. Zentrale Elemente von Booklet und Cover sind schwarz-weiße Fotografien: ein Stück Baum, dahinter ein Zaun, Meereswellen, die sich an Felsen brechen. Aufschluss über die Musik, die sich auf diesem Tonträger befindet, lässt sich daraus nicht gewinnen. Also die CD eingelegt und angehört. Doch auch hier lässt sich kaum schnell ein Urteil treffen, denn "Mère Ravine Entelecheion" ist anfangs vor allem eins: sehr langsam.
Gegliedert ist das Werk von Knoed in drei Teile, wobei das mittlere Interlude gerade einmal 3 Minuten lang ist, Teil 1 hingegen über 40, Teil drei über 25 Minuten. Abschnitt I, "Mére Ravine" besteht seinerseits aus drei Stücken, die sehr unterschiedlich ausfallen. Während "Troisième partie" ein leiser, recht experimenteller Track, zusammengesetzt aus Fieldrecordings ist, bietet "Deuxième partie" 25 Minuten feinste Drone-Musik zum Entschweben. "Première partie" erdet den Zuhörer mit einer heftigen Noise-Einlage, nur um dann wieder in Drone-Ambient überzugehen. Dabei bleibt es jedoch nicht - die Drones werden im weiteren Verlauf seltsam schräg verzerrt, im letzten Abschnitt Ende holt man gar den akustischen Panzer aus der Garage, der bis kurz vor Schluss immer noch einen Gang zulegt.
Erwähntes "Interlude" zeichnet sich vor allem durch Stille aus, die nur von ganz wenigen, sehr zurückhaltenden Tönen durchbrochen wird. Der Titel "Acclimation" ist hier Programm.
Die Ruhe braucht das Ohr auch, denn Teil III, "Entelecheion", oder genauer gesagt dessen erster Titel "Aleph /Daleth" beginnt wieder mit einem blubbernden Noise, das dann abrupt abbricht, um einigen Klavierakkorden Platz zu machen. Kaum will der Hörer aufatmen, beginnt das Spiel von vorn, die Noisesound werden noch etwas krasser. Mit zunehmender Laufzeit gesellen sich synthetische Xylophon-Melodien zum Klangbild, der Wechsel zwischen Ohr-Tortour und Entspannung geht munter weiter, bis der Krawall-Anteil mit lautem Getöse im Hintergrund verschwindet. Doch auch hier lassen Knoed dem Hörer keine Chance, zu den mittlerweile loungigen Jazzklängen "abzuchillen", mittels Hochfrequenz-Gekratze wird parallel das Hirn malträtiert. "Beth" hingegen erinnert an die jazzigen Ausflüge von Bohren & der Club of Gore, wenn auch Knoed nicht ganz so elegisch dahin schleichen. Sehr schön und überhaupt nicht störend ist hier das Saxophon eingesetzt, das über den ansteigenden Drones eine melancholisch-verlorene Melodie intoniert. Im letzten Stück der CD "Ghimel" wird der Sound wieder ordentlich angeschrägt - das Saxophon quietscht jetzt, wie man das vom Free Jazz her kennt. Schweineschlächter-Musik mit einem darunter gelegten Gegrummel - damit kann man mich jagen! Zum Glück ist diese Passage nur etwa zwei Minuten lang, dann besinnen sich Knoed auf die schönen Töne, die sie ihrem Blasinstrument entlocken können. Dann sampelt und loopt man diese Klänge, um dann mit Spieluhrgeklimper und Klavier wieder zum gemütlichen Teil zurückzukehren. Und schon sind 75 abwechslungsreiche und spannende Minuten rum.

Ein Werk von spröder Schönheit, dass den Hörer reichlich fordert aber auch ein wenig die Energie abgräbt. Knoed liefern mit ihrem Debütalbum definitiv keine "nebenbei"-Musik. Am besten zu Hören unter Kopfhörern, bequem liegend und voll konzentriert. Wer sich einfach lieber berieseln lassen will, sollte zu einer anderen CD greifen…


Titel:
I Mére Ravine
1. Troisième partie
2. Deuxième partie
3. Première partie
II Interlude
4. Acclimation
III Entelecheion
5. Aleph /Daleth
6. Beth
7 Ghimel

 

zurück        nach oben