V.A. - Salvation Bloodletting (Live Bait Recording Foundation)

Der vorliegende Sampler erschien 2001 auf dem Label des amerikanischen Death Ambient Projektes Murderous Visions. Versammelt sind darauf 14 Projekte, die die ultradüsteren Spielarten elektronischer Musik pflegen, von Dark Ambient über Ritual Musik bis hin zu bösem Noise. Ein großer Teil der Projekte kommt aus dem Heimatland von Murderous Vision, der Rest aus Europa.

Die italienischen AMON leiten die CD mit sehr düsteren Klangflächen ein, die an den Sound sich nähernder Bomberstaffeln erinnern. BAAL/BERITH fügen hier noch eine spooky Atmosphäre und geheimnisvolle verzerrte Stimmsamples hinzu. Ein langsamer Trommelrhythmus verstärkt den Eindruck einer unheiligen Zeremonie. THE HOLLOWING gehen einen Schritt weiter und lassen gleich den ganzen Zierrat weg. Ihr Track klingt wie die live aufgenommen Opferung bei einem primitiven Stamm. Später kommen dann aber auch elektronische, weit übersteuerte Tonfolgen hinzu.
Highlight des Samplers ist aus meiner Sicht der rituelle Ambient von NO FESTIVAL OF LIGHT, zu dem man sich wunderbar ein atavistisches Ritual vorstellen könnte. Hier stimmt einfach alles, der Sound, die Atmosphäre, der Aufbau des Tracks. In Schleife gespielt ließe sich dazu stundenlang in Trance fallen.
Die norwegischen ORIGAMI ARKTIKA lassen das Trommeln weg und beschwören eine Trance ganz anderer Art. Krähenrufe und andere Naturgeräusche evozieren Bilder von einem herbstlich kalten Wald, leicht verfremdeten Glockenschläge lassen den Geist des Hörers in andere zeitliche Gefilde driften. AZOIKUM starten mit einem Sound, der an Zero Kama denken lässt, dann fühlt man sich in den „Exorzisten“ versetzt. Nach gut einem Drittel des Tracks kommt eine Brummschleife hinzu, und der deutsche Künstler intoniert „Mein ist die Rache“ im Wechsel mit Jim Jones-Samples. Echt finster! Richtig kirchlich wird’s bei NOTHVS FILIVS MORTIS – wir hören rein in einen dieser ekstatischen Gottesdienstgesänge, der dann durch düsterste Ambient-Klänge und diabolische Stimmen abgelöst wird. Die zahlreichen Stimmsamples und Schreie sowie kreischende Sounds sorgen für zusätzlichen Horror. DEISON hingegen lassen langsam aber kontinuierlich eine Maschine in einer Höhle laufen, dazu hört man entfernte Stimmen. NOTHING geben dann ein wenig mehr Gas und haben sogar so etwas wie Melodie und Rhythmus zu bieten. Doch von Tanzbarkeit ist das Ganze weit entfernt, der Sound klingt wie aus der Ferne. Noch viel entrückter zeigen sich SLOWVENT, deren Track nur aus hintergründigem Übersteuerungskratzen besteht. Ein bisschen wenig, wenn Ihr mich fragt.
GRUNTSPLATTER bleiben soundtechnisch zwar auch etwas zurückhaltend – eigentlich sollte der Track wesentlich mehr Druck entwickeln – doch die Kombination von boshaften Vocals, ambienten Drones und Noisegescherbel macht schon mehr her, als das Elaborat der Vorgänger. IN DEATH THROES schmeißen Steine in die Waschtrommel am anderen Ende der Fabrikhalle und lassen das Teil ungestört laufen. Gelegentlich rauscht und zischt es dazu. Das gibt zwar eine recht zermürbende Atmosphäre, ein richtiger Track ist das aber nicht unbedingt. Ähnliches lässt sich über RAVENS BANE sagen, deren Sound zwar einen Horrorfilm noch gruseliger machen könnte, dem aber ebenfalls jede Entwicklung, Höhen und Tiefen fehlen. Schmirgelnde Drones, atmosphärische Entladungen, Frauengekreisch, mehr passiert nicht. LEFTHANDDECISION schichten zwar verschiedenen kratzige Layer aufeinander, dem Ergebnis mangelt es aber ebenso an Dynamik. Gegen Ende verliert der Sampler somit merklich an Fahrt.

Alles in allem ein netter Tonträger, der mit einer etwas anderen Reihung der Tracks sicher noch ein wenig gewonnen hätte. „Salvation Bloodletting“ zeigt aber gerade im letzten Drittel, dass ungewöhnliche bzw. extreme Sounds allein noch kein interessantes Hörerlebnis versprechen. Kompositorische Mängel können sie nur verdecken, nicht ausgleichen.

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