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V.A. - Steinklang Industries IV 2007 - 2008 (CD, Steinklang)

Steinklang gehört sicher zu den aktivsten Labels der Szene und so nimmt es nicht Wunder, dass der Konsument schnell die Übersicht verliert, was das Portfolie an Schallplatten und CDs betrifft. Diesem Musstand entgegenzuwirken, geben die Österreicher regelmäßig Labelsampler heraus, die Stücke von verschiedenen Veröffentlichungen beinhalten, quasi Album-Snippets. Mal erscheinen diese Sampler als Doppel-CD, mal als Einzelstück, je nachdem, was das Steinklang-Hauptquartier für Material zur Verfügung hat. Für wenig Geld kann sich der Interessent anhand dieser Veröffentlichung einen Überblick über das aktuelle Angebot verschaffen. Die Tonträger sind dabei spartanisch gehalten - neben Band und Titel informiert man nur, auf welchem Sublabel das Werk erschienen ist inklusive der Katalognummer. Wer Genaueres wissen will, kann im Internet nachschauen.
Wie schon bei früheren Teilen dieser Reihe gliedert sich die CD in einen Abschnitt, der grob als "Industrial" betitelt werden könnte und in einen mit der Schubladenaufschrift "Neofolk". Neuen bzw. elf Titel stehen in diesen beiden Kategorien zur Begutachtung. Die Stücke im Schnelldurchlauf: Indigo Larve sind reichlich finster und bestrahlen den Hörer am Rande der Übersteuerung mit bösem Krawall. Auf mich wirkt das Ganze aber ein bisschen ziellos. Flutwacht bieten dann ein abwechslungsreiches rhythmisch Stück, das auch Freunden von Esplendor Geometrico gefallen dürfte. Die nachfolgenden Teatro Satanico sind für mich die Überraschung der CD. Devis Granziera (also known as Devis G. and DeviLs G.) (Discogs) klingt als hätte er Jhon Ballance gefrüchstückt. Das hätten Coil auch nicht besser gebracht. Mich erinnert "Hymn To Lucifer" an die großartige "Love Uncut"-EP von COH,
Kazuyuki Kishino aka KK Null knattert über zweieinhalb Minuten ohne große Höhepunkte vor sich hin, um dann mit blinks und blönks zu enden. Schöne Psychomusicke für "the hard at hearing". Hiroshi Hasegawa auch bekannt als Astro spaltet mit einer sehr abstrakte Soundspielerei den Schädel und sägt im Gehirn. Den Meisten düfte dies wahrscheinlich zu "unmusikalisch" sein, ein wenig gestört muss man schon sein, um das gut zu finden :-)
Screloma kommen dem Bedürfnis der Disco-Generation nach Rhythmus nach, wenn auch reichlich durch den Rauschfilter gezogen. Tanzbar ist das nicht. Der mechanische Beat und die ihn überlagernden Elektronenstürme sind auf Dauer etwas öde. Der Richtungswechsel in der Mitte kommt genau zum richtigen Zeitpunkt, bevor der Skip-Taste-Finger juckt. Zwar geht es jetzt etwas krasser und "lebendiger" zu - schließlich sorgt der menschengemachte akustische Alienhorror - verzerrte Vocals sind immer gut - aber letztendlich marschiert man immerzu stur in eine Richtung.
Das ist bei Altmeister Ichiro Tsuji von Dissecting Table zwar nicht viel anders, doch ist der brutale Hochenergie-Industrial mit allerlei Metall-Schlagwerk angereichert. Die gregorianischen Gesänge - sicher als Kotrast zum tierischen Einsatz des Musikers - find ich aber persönlich unpassend. Ist halt Geschmackssache. Mir erschließt sich nicht, was die christlichen Liturgien mit dem Wüten Ichiro Tsujis zu tun haben.
Nach diesem Kracher versöhnen Radio Murmansk die Jünger des Rhythmus-Industrial mit der Welt. Obwohl ich mit dem Genre nicht wirklich viel anfangen kann, nervt mich das Stück nicht. Japanischen Samples, melancholisch-exotische Synthiemelodien und ein balearischer Beat animieren zum coolen Kopfnicken. Live mit einem echten Drummer garniert, könnte das ein ordentlicher Disko-Kracher werden!
A Minority Of One aus den Staaten drosseln das Tempo wieder - eine geschickte Wahl des Zusammenstellenden. Psychisch aktiver Noise Ambient von der feinsten Sorte. Sofort bei Mr. Murdoch addiert!

Mit dem Jahrtal beginnt für mich das Jammertal. Das hat vor allem damit zu tun, dass ich kein allzu großer Freund des Neofolk bin. Aber ich mag auch Jazz nicht allzu sehr oder EBM - insofern muss jetzt niemand beleidigt sein. Ist halt mein persönlicher Geschmack. Neben ein paar wenigen wirklich genialen Bands findet sich dort wenig musikalisch Aufregendes. Weiterhin stört mich, dass einige Musiker ihr Handwerk nicht wirklich gut beherrschen. Jahrtal ist ein gutes Beispiel dafür oder eigentlich gerade nicht. Die Musik sit einfach großartig - romantisch, zärtlich, simpel aber schön, doch Sänger Ewald scheint seinen gesanglichen Fähigkeiten selbst nicht zu vertrauen: er singt viel zu verhalten und zögerlich. Mit ein wenig mehr Selbstbewusstsein vorgetragen, wäre "Der wandernde Musikant" richtig schön.
Joy Of Nature machen für meine Ohren mit klassischer Musik angereicherte Ambientmusik. Mir ist das aber soundtechnisch viel zu glatt und die männliche Stimme kann mich im Umfeld der Klänge nicht überzeugen. Ein wenig zäh ist das Ganze auch, wenn auch nicht mit Honig übergossen.
Die griechischen Defile Des Ames machen dann wieder alles richtig, um mich mit der Welt zu versöhnen. Na klar, "Mushrooms" ist im Wesentlichen klassischer Neofolk mit all den Elementen, die schon tausende Male durchdekliniert wurden: simple Gitarrenmelodien, Anleihen aus der klassischen Musik, die mit Hörnern, Geige, einer Oboe… (da verließen sie ihn) ein wenig jazzig klingen, eine Schuss Martialität. Die Stimme, die nicht nach Douglas Pearce klingt, verzaubert ebenso wie der Text: "The first mushroom said…" Wer nach solch einem Einstieg nicht zuhört, kann wahrscheinlich kein Englisch oder ist taub. Der männliche Satzgesang reißt sofort auf musikalischer Ebene Die Zeile "You and I till death do us unight" regt sofort zum innbrüstigen Mitsingen ein, am Ende gibt es einen effektvollen Break und ein grandioses Finale. Super Song!
Es folgen die seltsamen Weisen von Scivias in ungarisch. Die Sprache klingt immer wieder eigentümlich. Musikalisch ist "Der Mann vom Berg der kalten Sterne" ein sehr nettes Folk-Stück Folk mit männlichem Chorgesang, betörenden Flötentönen, glasklaren Gitarrenakkorden und einer zum Tanzen einladenden Trommel. Das hat was von 70er-Psychedelic-Folk. Das gutturale Gequatsche nervt mich im Zusammenhang mit der träumerisch-schönen Musik jedoch. Wenn ich die Herren in martialischer 80er Death In June-Pose auf ihrer MySpace-Seite sehe, bin ich froh, dass ich die Scivias'sche Muttersprache nicht verstehe.
Svarrogh beginnen mit einem Alpabtrieb, um dann zur metallisch gestimmten Wanderklampfe zu greifen. Das Ergebnis ist nicht wirklich aufregend. Bulgarische Volksmusik, die eher wie Alpenfolk klingt. Dazu kommt noch eine an Italien erinnernde Mandoline - "gesanglich" steht man Scivias in nichts nach. Auf Dauer macht mich diese "Musi" depressiv. Skip-Taste.
Umso härter dann das nächste Stück, denn es hat lange es gedauert, bis ich mich an diese Musik gewöhnen konnte. Mittlerweile gefallen mir Seelenthron ganz gut, auch wenn ich mir nicht unbedingt eine CD von ihnen ins Regal stellen muss. Live ist die Band um Norbert Strahl, den ich auch persönlich kenne und für einen witzigen und intelligenten Zeitgenossen halte, jedoch ein angenehmes Erlebnis. Mittlerweile gefallen mir Seelenthron ganz gut. Kluge Texte zu romantischer und handwerklich gut gemachter Musik...
Traum'er Leben empfinde ich dagegen nur als gruselig. Das ist kitschige Popmusik mit den üblichen drei Akkorden. Spätestens im Refrain wird's für mich richtig schlimm, wenn die Dame anfängt zu singen. Da tropft der Schmalz aus der Box. Kommen wir lassen einen fliegen... Nee, das halt ich nicht aus.
Das nächste Stück bereitet mir echte Probleme, da ich den Künstler ebenfalls kenne und ihn auch für einen sehr angenehmen Menschen halte. Doch die Musik von Trinithos ertrag ich nicht. Das ist mir viel zu esoterisch, manche Passagen empfinde ich musikalisch gar als Körperverletzung. Falkenstein setzen dem Ganzen noch eins drauf. Ist das jetzt Comedy oder meint ihr das etwa Ernst? "Die alte breite Faust greift zum alten breiten Schwert." Ich glaube, ich weiß, wer hier breit ist… Als wären diese zwei Stücke nicht genug, schlagen Jännerwein ebenfalls in diese Kerbe. Ich kann's nicht mehr hören. Ist mir trotz schöner Musik viel zu viel Gejammer. A Challenge Of Honour langweilen hingegen mit Belanglospop. Etwas melancholisch das Ganze, mit einem Spinett garniert aber letztendlich billiger Alleinunterhalter-Standard.

Fazit: Für mich von besonderem Wert war nur der erste Teil der CD, der hält dafür aber mit Teatro Satanico einen echten Kracher bereit.

1. Indigo Larvae - Am I Dead?
2. Flutwacht - Rostgeschmack
3. Teatro Satanico - Hymn To Lucifer
4. KK Null* - Gamma Ray Burster
5. Hiroshi Hasegawa - Ascension No.999
6. Screloma - Atomic Test
7. Dissecting Table - Clear Up All
8. Radio Murmansk - Heaven Underwater
9. A Minority Of One - Winter's Dawning
10. Jahrtal - Der Wandernde Musikant
11. Joy Of Nature, The - A Theatre Lost In The Vast Abyss Of Starry Skies
12. Defile Des Ames* - Mushrooms
13. Scivias - Der Mann Vom Berg Der Kalten Sterne
14. Svarrogh - Stone
15. Seelenthron - Leben
16. Traum'er Leben - Schwingen Des Lichts
17. Trinithos - Nordwind
18. Falkenstein - Halfdan, Ragnar's Sohn
19. Jännerwein - Klage 2:40
20. A Challenge Of Honour - A Last Goodbye

 

 

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