+++ Black Magick Block +++ Fatwa +++ XX

 

Teatro Satanico – Black Magick Block (CD, Steinklang)

Teatro Satanico ist das Projekt des italienischen Musikers Devis Granziera, der sich auch mal Devis G. oder DeviLs G. nennt. Die erste „größere“ Veröffentlichung erschien 1994 als Split mit Pervas Nefandum auf dem Atrax Morgue-Label Slaughter Productions. Im Jahr zuvor und danach tauchte das Projekt mit Beiträgen auf diversen Kassettensamplern auf, anfangs noch als Teatro Satanico Charles Manson. Dann war es einige Zeit ruhig um Devis G., doch seit der Jahrtausendwende beglückt er die Fans in nicht allzu großen Abständen mit neuem Material. Einen wesentlichen Anteil daran, dass das obskure italienische Projekt nicht in der Versenkung verschwand, hat Jürgen Weber von Novy Svet, der im Jahr 2000 auf seinem Label „The Nekofutschata Musick Cabaret“ eine Best Of-Platte mit alten Tapetracks von Teatro Satanico veröffentlichte. Bis 2006 erschienen dann auf verschiedenen Labels Alben mit Stücken aus den 1990ern. Erst nach einem Liveauftritt im Jahr 2007 entschied sich Devis G. mit Teatro Satanico weiter zu machen. In diesem Jahr stieß auch Devis G's. aktueller Mitstreiter Kalamun zum Projekt, der erstmals auf dem Minialbum „Pan Ist Tod“ zu hören ist. Zum festen Personal des satanischen Theaters zählt außerdem noch Mauricio Martinuz, der bei Liveauftritten am Mischpult steht.

Das vorliegende Album „Black Magick Block“ im tiefschwarzen Case stammt aus dem Jahre 2008 und enthält sieben sehr unterschiedliche Stücke. „L.H.P.“ klingt sehr nach Geneviève Pasquier; der kalte, rhythmusbetonte Wave mit weiblichem Sprechgesang ist eher untypisch für Teatro Satanico.
Das eingängigste Stück der Platte ist sicher das scheppernde „Baby Babalon“, mit einem stampfenden Rhythmus und den beschwörenden Vocals von Devis G. Der vielschichtige Sound bewegt sich musikalisch in der Nähe von Coil, ohne allerdings deren Intensität zu erreichen.
Dann wird es etwas ruhiger; „Images And Oracles By A.O.S.“ ist eher eine minimalistische Klangkollage über einem ambienten Klangteppich, zu der eine verzerrte Stimme Texte vorträgt, aus der Feder von Austin Osman Spare, wie auch ein Blick ins Bootleg bestätigt.
Etwas flotter geht die „Hymn To Lucifer“ zur Sache, genauer gesagt vertrackt rhythmisch unter Vermeidung jeglicher Melodiefragmente. Ambiente Einschübe geben etwas Fleisch zu den knochentrockenen Beats. Auch hier finden sich wieder nur schwer verständliche Botschaften, diesmal vom Großen Tier selbst, die dem Stück eine surreale Atmosphäre verleihen.
Ähnlich geht es mit „Gatto“ weiter, bei dem sich ein elektronisches Brummen durch die ersten Sekunden des 14-minütigen Stückes zieht. In der Folge kommen immer wieder andere Geräusche wie von startenden Maschinen oder Schleifgeräusche zu den auf ein Minimum reduzierten Beats hinzu. Lange halten sich diese Einschübe aber nicht. Am Eindrucksvollsten ist jedoch die dämonische Stimme, die hier geifert. Nach dem ersten Drittel der Spielzeit ändert sich „Gatto“ komplett und wird sehr krachig mit durchdringenden Tönen in verschiedenen Frequenzen, um dann gegen Ende in einen abstrakten Ambient und „kosmisches Gezwitscher“ überzugehen.
„La Magia Quale Scienza Dell'Io“ präsentiert sich danach wieder etwas zugänglicher, wenn auch nicht unbedingt harmonisch. Ein monotoner, maschineller Rhythmus, der etwas in den Hintergrund tritt, und changierende Keyboardflächen bilden die Basis für die leicht verspulten Beschwörungen von Devis G. Hinzu kommen allerhand seltsame Geräusche, die u.a. an die Klänge einer Spieluhr erinnern. Mit zunehmender Länge schleichen sich in das Stück sogar echte Melodien ein, so dass man hier, wenn auch ganz vorsichtig, schon fast von Popmusik sprechen kann.
Den Abschluss der Platte bildet ein etwas eigentümlicher Track ohne Namen (oder „Untitled“), bei dem über lange Zeit eine mahlende Spur aus verzerrten Stimmen dominiert, akzentuiert mit periodischen Basstönen. Musik ist dies eher nicht, vielmehr eine Art Geräuschkulisse.

Alles in allem ein abwechslungsreiches Werk, dass sich nicht unbedingt gleich beim ersten Durchhören erschließt. Teatro Satanico entziehen sich hier den Anforderungen von Disko-Musik und Gefälligkeitselektronik und machen es dem Konsumenten damit alles andere als leicht. Trotzdem oder gerade deshalb lohnt es sich, ein Ohr zu riskieren.

 

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Teatro Satanico – Fatwa (CD, Old Europa Cafe)

Schon das Cover dieses Tonträgers sticht ins Auge, kommt das Digipack doch in knalligem Grün daher; die Frontseite ziert ein mystisches Symbol, der Name des Albums sowie seiner Schöpfer. „Fatwa“ heißt das Werk aus dem Jahre 2012 und wer in letzter Zeit nicht völlig geschlafen hat, bei dem löst dieses Wort sofort einige Assoziationen aus. Eine „Fatwa“ ist „eine von einer muslimischen Autorität auf Anfrage erteilte Rechtsauskunft, die dem Zweck dient, ein religiöses oder rechtliches Problem... zu klären“ (Wikipedia). Im Zuge solcher Fatwas wurde zum Beispiel ein implizites Todesurteil gegen den Schriftsteller Salman Rushdie wegen angeblicher Gotteslästerung und Abfalls vom Islam ausgesprochen.
Klappt man dann das schicke Digipack auf, erwarten einen nicht etwa Mohammed-Karrikaturen, sondern realistisch anmutende Gemälde mit viel nacktem Fleisch und Motiven, die mancher wohl als pervers bezeichnen würde. Allerdings bekommen hier mit Kruzifix und Opus Dei-Tattoo auf einem weiblichen Hinterteil eher die christlichen Kollegen ihr Fett weg.

Soviel zur Form, kommen wir nun zur Musik. Die ist insgesamt etwas eingängiger als auf dem regulären Vorgänger „Black Magick Block“; zwischenzeitlich waren einige selbstveröffentlichte Alben auf CDR und in kleiner Auflage, Compilationbeiträge, ein Video sowie eine streng limitierte Box erschienen. „Fatwa“ ist in weiten Teilen nah an der Pop- bzw. Clubmusik, mit fetten, treibenden Rhythmen, die direkt zum Tanzen einladen, darunter auch eine gepimpte Neuauflage von „Baby Babalon“. Melodiös fahren Teatro Satanico über weite Strecken auf Sparflamme: Zwar sind verschiedene synthetische Instrumente zu hören, der Beat und die oftmals expressiv-theatralischen Vocals dominieren jedoch die Songs.
Das Stück „Sex Magick Rockets Babalon“ präsentiert sich trotz markigen Titels als melancholisches Lied für depressive Stunden, wozu auch die leicht verzweifelt klingende Stimme von Devis G. beiträgt. Etwas ruhiger geht’s auch bei „La Visione E La Voce“ zu, bei dem eine Spieluhr und Knattertöne eine verträumte Atmosphäre erzeugen. Ambient-entspannt präsentiert sich der „Anus Dei“; was konkret uns dies mitteilen soll, müssen wir die Künstler fragen. Dieser Gott scheint auf jeden Fall kein verklemmter Typ zu sein. Daran ändern auch Devis' finstere Beschwörungen nichts. Dann kommt „Veni Satan Lucifer“ etwas dynamischer des Weges, über mahlenden Drones knattert, gurgelt und quietscht es, ab der Mitte kommt ein kräftiges Scherbeln und Pfeifen dazu, bevor der Track langsam ausblendet. Beschwört wird hier mehr im Verborgenen.

Wie auch schon auf „Black Magick Block“ findet sich auf „Fatwa“ ein unbezeichneter Titel – vielleicht ist das ja ein running gag bei Teatro Satanico? Hat der Hörer zwei Minuten in die Stille gelauscht, bekommt er für sein Durchhaltevermögen einen an afrikanische rituelle Musik erinnernden Track serviert, der sich als Anregung zu ekstatischen Körperverrenkungen eignet.


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Teatro Satanico – XX (LP, Nedac Editions)

Diese schöne blaue Vinylscheibe im blauen Doppel-X-Cover enthält auf Seite A fünf aktuelle Stücke von Teatro Satanico und zwei Stücke aus den Anfangstagen als man sich noch Teatro Satanico Charles Manson nannte.
Das neue Material kommt deutlich im Liedformat daher. Dabei haben die theatralischen Satanisten die synthetisch erzeugten Melodien diesmal in den Vordergrund gerückt. Die entspannten Beats begleiten diese, ohne sie unterzubuttern. Auch der Sprechgesang ist diesmal ungewöhnlich klar, verschwindet, obwohl ein wenig „prozessiert“, nicht hinter den Effekten. Ohne sich allzu weit aus dem Fenster zu lehnen, kann man bei allen Stücken von Synthiepop sprechen, allerdings von einer erwachsenen, leicht depressiven Form des Genres. Ein besonders schönes Beispiel hierfür ist „La Pharmacia Dell'Angelo“ mit kosmisch-entrückter Atmosphäre; ein etwas an Kraftwerk erinnerndes Stück, zu dem sich wunderbar schwelgen lässt. Ein wenig aus der Reihe tanzt das energetische „L'Occidente“, das an „Baby Babalon“ erinnert, allerdings mit einem zusätzlichen, wie auf Krügen oder Holzröhren geschlagenen Rhythmus aufwartet.

Seite B gehört zwei Titeln aus dem Jahre 1993 womit sich auf die zwei zum Christenkreuz verlängerten X auf dem Plattencover aufklären, denn die stehen für die römische Zahl zwanzig und damit für zwanzig Jahre Teatro Satanico. „Commandante Bruno“ wurde ursprünglich auf der Kassette „Delirio Sifilitico“ veröffentlicht. Zu hören ist eine ruhige, leicht verzerrte Orgelmelodie und ein Devis G., der klingt als wenn er einem imaginären Zuhörer eindringlich das Leben des „Commandante Bruno“ in Erinnerung rufen wolle.

„Confesso Tutto!“ entstammt einem Kassetten-Sampler namens „Exposing Italian Underground“. Darf man den Angaben bei Discogs Glauben schenken, ist „Confesso Tutto!“ ein ironischer Song über einen imaginären Mord an einem Mädchen, mit dem Teatro Satanico auf eine unsinnige Anklage reagierten. Ein walzender, hypnotischer Sequenzerrhytmus, der klingt wie eine DAF-Single auf 33 rpm ist das Rückgrat von „Confesso Tutto!“. Darüber hört man einen Dialog wie aus einem Film, dessen Protagonisten immer verzweifelter und verrückter klingen.

Auch wenn „XX“ kaum das extrem weite Spektrum der Teatro Satanico Sounds abdecken kann, so erhält der Hörer hier zumindest einen Einblick, dartin, was die Italiener so drauf haben. Und dass das schicke Vinyl in die Sammlung jedes Liebhabers abgefahrener elektronischer Musik gehört, das muss sicher nicht erwähnt werden...

Nachtrag: Auf dem Innencover der Platte befindet sich ein Code zum Download der Stücke als mp3. Leider umfasst dieses Angebot nur die neuen fünf Titel, die B-Seite ist leider nicht enthalten.

 

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