The Ritual Tapes +++ Strom +++ Grauholz +++ Grauer Raum/Blaue Stille +++ Koordinatenpunkte +++ Nachtstücke +++ Irrlichter +++ Anschwellender Bocksgesang +++ Äthernarkose +++ Wahrnehmungshygiene +++ Zeitpapier +++ Brot und Lügen +++ Eingang +++ Maschinenrepublik +++ mindscreen

+++ Split mit Rostiges Riesenrad +++ Split mit Joris J. +++ Split mit Flutwacht (foghorn serie) +++ Split mit Metek +++ Split mit Mystified

+++ Erdlicht


N.Strahl.N - The Ritual Tapes (2-MC, The Tourette Tapes)

Schon das Äußere dieser Veröffentlichung lässt das Herz des Sammlers höher schlagen. Die zwei Tapes kommen in einer stabilen Faltbox aus Pappe. Innen finden sich neben den beiden schön gestalteten Tapes in Hülle - hier tauchen wieder die "einsamen" Naturbilder auf, die mittlerweile sehr typisch für N.Strahl.N - zusätzliche Beilagen mit den Titeln sowie Beigaben wie Samen und ein rostiger Nagel auf. Somit ist der Bogen zwischen Mensh und NNatur auf einfache, greifbare Weise sofort hergestellt.

N.Strahl.N zeigt sich auf den "Ritual Tapes" in Höchstform. Am besten lässt sich sein Werk als "amorph" bezeichnen, da die Sounds zwar immer eine klare Form haben aber ständig in Veränderung sind. Kein Wunder, wurden laut Beiblatt doch neben Metall und Strom, Gas und Wasser zur Klangerzeugung genutzt.
Mit den zwei Tapes bewegt sich N.Strahl.N wieder etwas weg, von den sehr abstrakten Stücken. Die stärkste Seite ist aus meiner Sicht die A-Seite des Tapes. Der hier gebotene Ambient zweigt sich nicht glatt, er kommt mit allerhand Geräuschen, mit Kratzen, Zischen und Schmirgeln daher. Ein echtes Gehirnschmirgeln, wenn man genau sein will.
"Trommeln" lockern den Sound auf, wobei doch kein konstanter Rhythmus geboten wird: metallische Störgeräusche, monotone Metallpercussions und ein veränderlich akzentuierter Maschinenrhythmus wechseln sich ab. Dann gibt es wieder einen musikalischen Szenenwechsel und damit Stilwechsel: Jetzt vereinen sich Droneambient und Rauschen zu einem Sound, der den Hörer einsaugt. Der Strudel besteht aus zahllosen Windungen, erzeugt ein komplexes, faszinierendes Bild.
Seite B klingt nach schwere körperlicher Arbeit und den sie begleitenden Geräuschen. Dementsprechend heftiger fällt der Sound aus, wenn auch im Geiste aber sehr ähnlich. Der Rhythmus ist monoton und ausdauernd, das Prädikat Noise Ambient passend. Später bestimmen ein harter Sequenzerbeat und entrücktes Geschrei das Geschehen, hier könnte man N.Strahl.N fast als Power Electronics durchgehen lassen. Die letzten beiden Stücke zeigen sich wieder sehr ambient.
Seite C und D erinnern ein wenig an Flutwacht, mit ihren kratzigen Rhythmen und den überlagerten Droneschichten, wobei Seite D wesentlich mehr rumpelt, während Seite C immer ein wenig unfertig wirkt. Insgesamt handelt es sich auch um das kürzeste Vergnügen.

Alles in allem eine sehr schöne Veröffentlichung, die aus der Zusammenarbeit von N.Strahl.N mit Label von Flutwacht-Macher Daniel Simon entstanden ist. Die "Rückkehr" zum Tape ist in heutiger Zeit vielleicht ein Risiko auf der andren Seite ein echtes Schmankerl für Fans.


Titel:
A1: Flüssigkeit
A2: Asche
A3: Lichtschlag
A4: Gischt
B1: Vortex
B2: Brandschleife
B3: Frost
B4: Aufgang I
B5: Aufgang II
C1: Metrik I
C2: Metrik II
D1: Gas
D2: Boden

 


N.Strahl.N - Strom (MC, Licht und Stahl)

Vielveröffentlicher Mario Löhr hat seit 2008 auch ein eigenes Label namens "Licht und Stahl" am Start. Das Tape "Strom" ist Nummer zwei in der Diskographie, zuvor erschienen die "Irrlichter."
Der Sound von N.Strahl.N ist wie immer nur schwer festzuhalten. Obwohl ich einige Tonträger des Projektes mein eigen nenne, könnte ich aus der Kalten nie sagen, was die einzelnen Werke unterscheidet. Zum Glück steht ja in en Rezensionen einiges drin…
"Strom" ist wieder eine von den etwas abstrakteren Veröffentlichungen, die vor allem Freunde improvisierter und experimenteller Ambientmusik absprechen sollte. Vorstellen muss man sich das Ganze wie die Schichtung von verschiedenartig gestalteten Folien übereinander, woraus ein neues Gesamtbild entsteht.
Als Gestaltungselemente kommen zum Einsatz: sehr basslastige Töne wie die Sirene unserer Elbdampfer, eingesetzt am Rande der totalen Verzerrung, Metallisches, Synthiebleeps, Keyboardflächen, in der Aktion aufgefangene Töne - vieles bei N.Strahl.N wird live eingespielt, eine konstante Werkhallenatmosphäre; gelegentlich gesellen sich monoton-rhythmische Passagen dazu, so als hätte jemand eine große Maschine zugeschaltet. All diese Elemente vereint N.Strahl.N zu komplexen Klangstrukturen, für die der Ausdruck Ambient wohl etwas zu schwach ist, denn der Sound erzeugt meist eine sehr hypnotische Atmosphäre. "Strom" fehlt über weite Strecken jedoch diese Anziehungskraft. Man wünscht sich ein wenig mehr Spannung, denn auf Dauer rückt der Sound im Bewusstsein immer weiter nach hinten, bis wieder einmal kurzzeitig ein harter Rhythmus einsetzt oder ein Metallschleifen den Gehörgang ausfräst. Sehr gut kann ich mir diese Musik als Teil einer künstlerischen Installation vorstellen, ganz allein durch den sperrigen Sound entstehen bei mir nicht allzu viele innere Bilder.

Das Cover erinnert an das Pulsarbild von Joy Divisions "Unknown Pleasure", zum Thema Strom passt es auf jeden Fall gut dazu. Wie immer also eine schöne Veröffentlichung, wobei es mir allerdings zunehmend schwerer fällt,

Titel:
A I - VI
B VII - X

 

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N.Strahl.N - Grauholz (3''-CDR, Tosom)

Kann Mario Löhr aka N.Strahl.N eigentlich auch "richtige Musik" machen? Kann er. Wer's nicht glaubt, der höre sich diese kleine CD an, auf der N.Strahl.N als Improvisationsmusik-Projekt daherkommt mit einem echten Schlagzeug. Natürlich fehlen die mittels metallischer Klangerzeuger geschaffenen experimentellen Geräuschkulissen auch hier nicht. Titel zwei kommt mit einem schnellen, recht simplen, höchstwahrscheinlich maschinell gefertigten Rhythmus her, der mit einem Klangteppich aus verzerrten Gitarren und später Gerätegeräuschen korrespondiert. Ich dachte beim Hören immer - warum spinnt denn jetzt mein Drucker schon wieder?
Der blubbernde Maschinen-Rhythmus von Titel drei klingt fast wie von einem alten Motor erzeugt, wäre er nicht ganz so synthetisch. Irgendwie ist das fast schon diskotauglich - Herr Dive lässt grüßen. Selbstverständlich sind Mario Löhrs Einlassungen aber nicht ganz so körperbetont. Auch hält er diese "Tanzbarkeit" nicht bis zum Ende durch - der letzte Teil des Stückes klingt dann wieder wie typisch N.Strahl.N: langsam, intensiv, leicht entrückend.
Diese Aussage lässt sich auch auf den verspielten vierten Titel ausweiten, der ein wenig nach Spieluhr, tropfendem Wasser und ähnlich Abstrusen klingt.
Insgesamt eine hübsche kleine Veröffentlichung, die erneut die Vielfältigkeit des N.Strahl.Nschen Schaffens unterstreicht.

Titel:
1. Grauholz I
2. Grauholz II
3. Grauholz III
4. Grauholz IV

 

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N.Strahl.N - Grauer Raum / Blaue Stille (CDR, TIB Prod.)

Eine der eher sperrigen Veröffentlichungen N.Strahl.Ns. Sieben Stücke, die mit Musik weniger, mit Ambient dafür umso mehr zu tun haben. Vieles wirkt fast unbearbeitet, nur ganz selten schleicht sich einmal ein Rhythmus ein, von Melodie ganz zu schweigen. Wenn sich die Sounds von N.Strahl.N schon immer mit Klangskulpturen vergleichen lassen, so ist dies hier eine besonders abstrakte.

Titel:
1. Zaghafter Einstieg
2. Kanal
3. Kruste
4. Förderturm
5. Draussen
6. Kern
7. Ein Kranker Morgen

 

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N.Strahl.N - Koordinatenpunkte (CD, Deserted Factory)

Die vorliegende CD von N.Strahl.N enthält Stücke aus den Jahren 2006 und 2007. Als Basis verwendete der Mario Löhr alte Kassettenaufnahmen, veränderte Metalobjekte, Maschinen, Kurzwellensignale aber auch defekte Platten, Gitarre und analoge und digitale Synthesizer. Aus diesen Zutaten hat der Musiker wieder ein sehr atmosphärisches raumgreifendes Klanggebilde geschaffen, in dem der Hörer auf Entdeckungsreise gehen kann. Was er dabei entdeckt, lässt sich zwar aufzählen, doch die Summe der Einzelteile ist längst noch nicht das Ganze. Ein Knarzen hier, ein Brummen da, ein Klopfen, ein verzögerter Drone, ein Gong… all das Zusammen ergibt eine Klangumgebung, die mal mysteriös, mal Furcht einflössend, mal entrückt wirkt. Ein Ziel oder eine klare Intention scheint es nie zu geben. Das ist Ambient-Musik, die mehr "da ist" als "spielt". Ausnahmen bilden Stücke wie "punkt 2" und "punkt 8", in denen es tatsächlich liedhafte Elemente gibt oder flächige Drones, die den Sound aus dem Unbewussten in die direkte Wahrnehmung dringen lassen.
Manchmal geht es mit dieser Bewegung aber auch sehr schnell. Bei "punkt 3" sind die Geräusche so schmerzhaft, dass man den Lautstärkeknopf deutlich herunter drehen muss. Ich rate auch davon ab, das Stück laut über die Anlage zu hören, denn sonst verlassen alle Mitmieter verängstigt das Gebäude, weil sie denken, dass es zusammenbricht.
Warum diese CD "Koordinatenpunkte" heißt, wird nicht aufgeklärt. Die Vermutung, das Werk N.Strahl.Ns wäre damit annähernd umrissen, trifft wohl eher nicht zu. Für Einsteiger ist das Album sicher nicht das Schlechteste, wenn es darum geht, eine Vorstellung vom Werk Mario Löhrs zu bekommen. Am leichtesten lässt sich das wohl auf die Formel bringen: Alles gleich, immer wieder alles neu.


Titel:
punkt I - IX

 

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N.Strahl.N - Nachtstücke (CD, The Tourette Tapes)

Beatles-Schlagzeuger Ringo Starr witzelte einmal: "Ich liebe Beethoven. Insbesondere seine Gedichte." Vielleicht war der Witz aber gar nicht so blöd, wie er eingangs erscheint? Vielleicht hat Beethoven ja wirklich Gedichte geschrieben? Das Friedrich Nietzsche Musik komponierte war mir auch nicht bekannt. Doch gleich N.Strahl.Ns erstes "Nachtstück" interpretiert eine Klaviermelodie aus der Feder des Philosophen und im Booklet findet sich ein kurzes Stück Poesie von ihm. Genau für solche Sachen liebe ich die Werke von N.Strahl.N und seinen Kollegen - das ist echte Bildungsarbeit. Statt nur altbekannte und meist aus dem Zusammenhang gerissene Zitate zu reproduzieren, werden anderer Aspekte der Persönlichkeit beleuchtet.
Kommen wir aber zur Musik. Die ist wieder typisch N.Strahl.N. Soll heißen, dass das Klangspektrum von ambienten Soundskulpturen über rituelle Meditationen bis hin zu fast schon tanzbaren elektronischen Stücken reicht. Typisch ist auch, dass das Projekt niemals so klingt, dass sich beim Hörer Déjà-vu-Erlebnisse einstellen. Weder werden abgenutzte Sounds verwendet, noch wiederholen sich irgendwelche Motive und trotzdem gibt es eine eigene Handschrift.
Etwas anders als bei anderen Veröffentlichungen ist das sehr Zurückhaltende der meisten Stücke, das Gedämpfte. Zurückzuführen ist dies sicher auf den thematischen Schwerpunkt Nacht. N.Strahl.N bewegen sich hier in einem Raum, in dem das Ohr mehr Dinge wahrnimmt als das Auge, in dem das Gehirn, die eigene Phantasie das Unsichtbare vorstellbar macht. In einer Zeit zwischen Traum und Wirklichkeit, in der die innere Welt nach außen drängt, weil sie nicht mehr mit Reizen zugeschüttet wird. Wahrscheinlich ist die Nacht auch die beste Zeit, zu der man diese CD hören sollte. In einem dunkeln Zimmer auf dem Bett liegend, zwischen Wachsein und Einschlafen. Ganz so "ungestört" geht das aber nicht. Titel drei- Stahlgeist i Blau - haut ordentlich aufs metallen Schlagwerk. Im hinteren Teil der CD sorgen die beiden "Tänze" dafür, dass der Konsument nicht entschlummert. Insbesondere der "Fraktaltanz" fällt mit seinen militärischen Drums ein wenig aus der (meditativen) Rolle. Die melancholisch-monotone "Lichtwebe" zieht den solcherart Aufgewühlten jedoch wieder zurück in die Zwischenwelt. Unter Verwendung einer Interpretation eines Orgelstücks des Komponisten Charles-Marie Widor schließt die Platte.
Die große Kunst von N.Strahl.N besteht darin, Atmosphären zu schaffen, die den Hörer gefangen nehmen. Das beweist "Nachtstücke" wieder einmal deutlich.

Titel:
1. Erstes Nachtsück: F. W. N. (Nachhall Blauer Stunden)
2. Zweites Nachtstück: Stahlgeist In Grau (Verdichtung)
3. Drittes Nachtstück: Stahlgeist In Blau (Nunmehr Vorhanden)
4. Viertes Nachtstück: Bruchnebel (Läuternd)
5. Fünftes Nachtstück: Schwankung (Zitternd)
6. Sechstes Nachtstück: Dunkelgraue Statik (Kreisend)
7. Siebentes Nachtstück: Dunstgeläut (Rostromantik II)
8. Achtes Nachtstück: Blaugrauer Tanz (3:56)
9. Neuntes Nachtsück: Eisenwolke (Dämmernd)
10. Zehntes Nachtstück: Fraktaltanz (Formend)
11. Elftes Nachtstück: Lichtwebe (Andacht)
12. Zwölftes Nachtstück: C. M. W. (Unendlich)

 

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N.Strahl.N - irrlichter (CDR, Licht und Stahl)

Es ist fast schon eine Schande, dass es diese CD nur ein einer 50er Auflage gibt. Das großartiges Design und die - wie immer - gute Musik verdienen eigentlich ein breiteres Publikum. N.Strahl.N ist abwechslungsreich - manches erinnert an Meditationsmusik oder die Klänge zu einer religiösen Zeremonie, witzige Sägegeräusche wechseln ab mit fiesen Brummschleifen, die aus dem Genocide Organ-Repertoire stammen könnten, eher hintergründig Ambientes mit industriell Unentrinnbarem. N.Strahl.N haben den "Flow", niemals stockt der Sound, immer ist Bewegung drin. Wenn der Rest der Szene nur einen Teil der Ideen Mario Löhrs hätte, wäre das eine gute Sache und Vieles weniger langweilig.
Sicher, Manchem wird der Sound nicht gefallen, da hier kaum Vordergründiges passiert, sonder meist auf einer fast schon unterbewussten Ebene gearbeitet wird. Aber in diesem Sinne funktioniert diese Musik eben: als verdichtetes Umgebungsgeräusch, das den Hörer umfängt und ihn an einen anderen Ort bringt, sein Ohr öffnet für ungewöhnliche Klänge. So sollte es sein, oder?

Titel:
Licht 1 - 5: in absentia I-V
Licht 6 - 8: c.f.i.d.s I-III
Licht 9 - 14: Stahl und Strom I-IV

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N.Strahl.N - Anschwellender Bocksgesang (CDR, Apocalyptic Radio)

"Anschwellender Bocksgesang" ist ein ziemlich bekanntes Essay des konservativen Philosophen Botho Strauß. Gehört hatte ich davon schon zu mehreren Gelegenheiten, die gleichnamige CD von N.Strahl.N brachte mich dazu, den Text endlich einmal zu lesen. Als Nicht-Philosoph kann ich es ohne allzu große Scham gestehen: Ich habe nicht viel verstanden. Aufgefallen ist mir jedoch, dass der von Mario Löhr für seinen Tonträger zitierte Abschnitt, der am leichtesten verständliche des ganzen Essays ist, aus dem sich auch für normale Menschen eine verständliche Aussage destillieren lässt. In besagtem Abschnitt geht es explizit um die Medien und die Vorstellung, dass die Menschen von einem Tag zum anderen wie durch eine Mutation ihnen nicht mehr hörig sind und erkennen, dass dies da auf den Bildschirmen und was aus Radio und Zeitungen zu uns dringt, Teil eines gigantischen Zirkus ist, der nur dazu dient, uns alle zu konditionieren. Schöne Vorstellung.
Doch wie setzt N.Strahl.N diesen Gedanken musikalisch um? Auf gewohnt gekonnte Weise, möchte man sagen. Wer beim Thema Medien allerdings ein wildes Sammelsurium von Samples erwartet, wie es sich sicher anbieten würde, der wird schnell enttäuscht sein. Die große Kunst von Mario Löhr besteht in seiner Zurückhaltung. Die Grundstimmung der zehn Stücke dieser CD lässt sich als "ambient" bezeichnen, in dem Sinne, das Klanglandschaften, Klangumgebungen geschaffen werden. Wabernde Keyboardflächen sind aber die Sache von N.Strahl.N nicht. Statt Breitwandkino für die Ohren gibt es einen Film Noir, der mit wenigen, dafür gezielt eingesetzten Elementen auskommt und Stimmungen nicht durch große Effekte sondern allein durch gezielte Wahl der Mittel erzeugt. Als die werden per CD-Information "analoge und digitale Synthesizer, Metallobjekte, Stimme, Feldaufnahmen und Gitarre" identifiziert.
Über weite Strecken ist der "Anschwellende Bocksgesang" sehr entspannt, nachgerade meditativ und geradezu "nachdenklich", doch es gibt auch chaotische Strecken, wie den Zirkus Debil (Das müsste ja eigentlich die Hymne des club|debil werden, oder?). Wunderbar industriell, wenn auch nicht tanzkompatibel, geht es im Fünften Gesang zu, wenn ein Hammer rhythmisch auf Metall klopft, der Achte Gesang "Schwindel" ist nur geringfügig zu langsam für gezielte Ganzkörperverrenkungen. Zum Kopfnicken reicht es aber.
Wie lassen sich die "Anschwellenden Bocksgesänge" nun beschreiben? Am Besten gar nicht. Am besten, hört man sie sich an. Ich rate aber ausdrücklich zur Benutzung von Kopfhörern, denn nur so entfaltet der Sound seine volle Wirkung. Wer eine Orientierungshilfe braucht, der stelle sich vor, er habe die Augen verbunden und sitze so in verschiedenen Räumen. Die liegen meist irgendwo im Keller, zumindest gibt es hier kein natürliches Licht. Meist ist irgendwo eine Maschine in der Nähe, die rhythmische Geräusche erzeugt, manchmal wird gearbeitet, manchmal passiert nicht allzu viel.

Titelliste:
1. Erster Gesang
2. Zweiter Gesang: Kaleidoskop
3. Dritter Gesang: Zirkus Debil (Moderne Krüppel)
4. Vierter Gesang: Die In Den Kästen
5. Fünfter Gesang: Öffentlichkeit, Allesfressende
6. Sechster Gesang: Rostfraß (Erste Räumung)
7. Siebenter Gesang: Zwischenspiel
8. Achter Gesang: Schwindel
9. Neunter Gesang: Zweite Räumung
10. Zehnter Gesang (Abgesang)

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N.Strahl.N - äthernarkose (3''-CD-R, Eigenverlag)

Dies ist die dritte CD aus einer Serie, die sich mit Medien beschäftigt. Diesmal geht es höchstwahrscheinlich um das Radio, wobei Frequenzen allgemein eine Rolle spielen, was anhand des Slogans "take care of your own frequency", der abgebildeten Parabolantenne und einer Mikrowelle zu erkennen ist. Die Gestaltung ist wie gehabt, in bester DIY-Machart. Also nichts wie CD in den Player und zugehört.
Schnell lässt sich das Gehörte als N.Strahl.N-typisch bezeichnen - manipulierte Fieldrecordings, alles sehr sparsam arrangiert, dezente Rhythmen, leicht verwaschene Sounds. Diesmal sind diese mit zahlreichen Samples, so wie man sie aus dem Radio kennt, angereichert. Da erfahren wir was über den "Integrationsgipfel" ebenso wie über "Wasserstände und Tauchtiefen". In der Mitte des 22-Minuten-Stückes gibt es einen fast schon als harmonischen zu bezeichnenden ambienten Abschnitt zu hören, der langsam mit Knistergeräuschen "aufgebohrt" wird.
Sehr angenehme Klangreise und definitiv unterhaltsamer als das Formatradio-Gedudel, das uns hier zum Glück erspart bleibt.

Titel:
1. Äthernarkose Part I - VIII

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N.Strahl.N - Wahrnehmungshygiene (CD-R, Tosom)

N.Strahl.N, das Projekt von Mario Löhr, wurde an dieser Stelle schon oft gelobt und auch das neueste Werk bildet da keine Ausnahme. Wie immer versteht es der Künstler, nicht nur stimmungsvolle Klanglandschaften zu schaffen, seine Stücke sind stets eigenständige und besitzen Wiedererkennungswert. Dabei ist N.Strahl.N offen für jede Art Erweiterung seines Klangspektrums. So findet bei "Zyklonendreck" zum Beispiel ein Sizilianischer Trauermarsch Eingang in die Klangwelt N.Strahl.Ns. Das passt ganz gut, denn die Musik hat stets etwas Dunkles, Suggestives, entwickelt einen Sog, der der Hörer in diese Welt zwischen Ambient und Noise hineinzieht. Viel mehr ist eigentlich nicht zu sagen, außer, dass ich mich schon wieder auf die nächste Veröffentlichung freue. Und natürlich noch, dass das Artwork wie immer sehr ansprechend ist.


Titel:
1. Einfuehrung: Solar Wind
2. Gefrierbrand
3. Zyklotronendreck
4. Wahrnehmungshygiene
5. Dura Mater
6. Heilbrand
7. Tag Der Arbeit
8. Zwischenspiel
9. Sublimat
10. Zurueck In Den Grauen Raum
11. Wetterleuchten
12. Ausklang: Mehr Licht

 


N.Strahl.N - Zeitpapier (3''-CD-R, Eigenverlag)

Für Mindscreen widmete sich N.Strahl.N dem Fernsehen, diesmal steht die Zeitung im Mittelpunkt der Betrachtung. Schon das Statemnet: "Newspapers spread propaganda. Read between the lines" macht deutlich, welcher Ansatz hier verfolgt wird. Es geht um Massenmedien und ihren Einfluss auf die menschliche Gesellschaft.
Ausgangsmaterial der reduzierten, sehr spröde wirkenden Soundmanipulationen sind Zeitungspapier sowie Metall, Folie und Synthesizer. Die kommen in Verbindung mit einem dominanten, monotonen Rhythmus gegen Ende des ersten Parts des insgesamt 24 Minuten langen Stückes zum Einsatz, um dann wieder abstrakten Geräuschen Platz zu machen.
Dann setzen an Glockenschläge erinnernde Klänge ein, die für die nächste Zeit die Führung übernehmen. Es gesellt sich dunkler Drone hinzu und ein typisches "Spannungsrauschen", die jedoch durch gelegentliche Pausen unterbrochen werden, um dann erneut einzusetzen.
Insgesamt ist "Zeitpapier" am ehesten als Ambient zu bezeichnen, da vor allem eine Stimmung aufgebaut wird und konkrete Klänge nur eine untergeordnete Rolle spielen.

"Beipackzettel"

Titel:
1. Part I -IV

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N.Strahl.N - Brot und Lügen (CD-R, Tosom)

Sehr schöne CD, die N.Strahl.N aka Mario Löhr mit "Brot und Lügen" vorlegt. Hier stimmt einfach alles: Das industrielle Artwork weiß sofort die Lust am Erkunden entsprechender Klanglandschaften zu wecken, der Titel "Brot und Lügen" tut sein übriges dazu. Die Namen der einzelnen Titel (s. unten) verursachen ein leichtes Schmunzeln und lassen bei genauerer Kontemplation vermuten, dass hier jemand einen Erfahrungsbericht aus seinem eigenen Leben zu Gehör gibt. Dafür spricht auch die exzessive Verwendung von Field Recordings. Da ich mittlerweile zu den Rezensenten gehöre, denen die meisten vorproduzierten Klänge Schmerzen verursachen, bin ich davon ernsthaft beglückt.
N.Strahl.N beherrscht die Soundmanipulation wunderbar, ein wenig Standvermögen wird dem Hörer allerdings abverlangt. Kein Rhythmus, zu dem man mit dem Kopf nicken oder den Fuß wippen lassen kann, keine Melodien zum mitsingen, keine Klänge, die das Ohr verwöhnen. Ganz dem äußeren Konzept entsprechend, geht es hier zu wie in der schwerindustriellen Produktion. Die akustische Umsetzung des Arbeitsprozesses wird von den meisten sicher einfach als Lärm empfunden werden, wer tiefer eintaucht, wird eine hypnotisch-beruhigende Komponente finde, das Auge des Sturms, die Ruhe inmitten des Chaos. Als besonders gelungene Beispiele für diesen Ansatz soll hier auf "Glasrost" und "Sturmernte" hingewiesen werden, zwei eher ruhige und strukturierte Stücke, die sicher auch bei der psychoakustischen Konditionierung Eingang finden werden.

Titel:
1. Kabelschacht
2. Aufgeschreckte Schlangen
3. Bodensatz
4. Metallplasma
5. Glasrost
6. Knallfunkensender
7. Fraßrichtung
8. Sturmernte
9. Asphaltmenschen
10. Brot und Lügen


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N.Strahl.N - Eingang (CD-R, Tosom)

Auf dem Cover ist ein Ausguss zu sehen, insgesamt gleich zehn Mal. Das spricht dafür, dass N.Strahl.N diesmal Geräusche abfließenden Wassers als Soundquelle verwendet haben. "Corona" bestätigt diese Vermutung noch nicht, tuckert das Stück doch eher wie ein kontinuierlich laufender Schiffsmotor vor sich hin, bevor ein hallgetränkter Schlagrhythmus wie von einer riesigen Stanze einsetzt. "Eisstaub" besteht aus zyklischen Widerholungen von seltsam entrückten Klangfolgen, die sich über einem tiefen Brummton entfalten. Die Quelle ist hier eher nicht identifizierbar auch wenn mir das Geräusch seltsam vertraut vorkommt. Dann ist es endlich soweit - bei "Eingang" fließt das Wasser akustisch ab, nicht ohne jedoch von einem elektronischen Drone begleitet zu werden und dann heftig mit metallischem Gerät durchgeschüttelt zu werden. Hinzu kommt ein einfacher, langsamer Rhythmus, unter dem sich die Drones anfangs unbemerkt zu einem immer breiteren Klangspektrum aufbauen um am Ende das dominierende Element des Stückes zu sein. Knisternd und rumpelnd beginnt "Tageslichtflecken", um nach einiger Zeit mit einem Stanzrhythmus verziert zu werden. Es zischt und strömt, dass es eine wahre Freude ist. Nicht ganz, um ehrlich zu sein, denn die Atmosphäre wird zunehmend bedrohlicher.
"Eingang" ist das knapp 30-minütige Erstlingswerk von Mario Löhr aka N.Strahl.N, der hier schon sehr schön beweist, dass er sich gut darin versteht, interessante und kurzweilige Soundstrukturen zu schaffen.


Titel:
1. Corona
2. Eisstaub
3. Eingang
4. Tageslichtflecken


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N.Strahl.N - Maschinenrepublik (CD, Apocalyptic Radio, lim. 150)

N.Strahl.N gehört definitiv zu den Entdeckungen der letzten Zeit. Der Blog von Mario Löhr trägt den Namen "Buntes rauschen" und das passt schon irgendwie. Hier wird vor allem aus so genannten Field Recordings, also real und nicht am Rechner zusammengebastelten Geräuschen Musik gemacht, die dann manipuliert und kombiniert werden. Es macht klanglich einen riesigen Unterschied, ob der Trommelschlag von Metall auf Metall herrührt oder aus der Steckdose kommt. N.Strahl.N ziehen offensichtlich ersteren vor.
Das Titelgebende, fast halbstündige Stück dieser Veröffentlichung hat echten Werkhallencharme. Es klopft rhythmisch aber so langsam, dass keine Tanzgefühle aufkommen, es fiept,, brummt, quietscht und zischt. Die äußere Gestaltung der CD, der Sound, alles eine Verbeugung vor der Ästhetik des Industriezeitalters. Heute gibt es diese Art von Arbeitsplatz so gut wie nicht mehr, was aber auch nicht wirklich tragisch ist. Ältere Hörer bekommen bei "Maschinenrepublik" feuchte Augen, die jüngeren fragen sich, wie man den Lärm aushalten konnte oder es sind halt Noise- und Industrialfans, die sich an schrägen Klängen berauschen ;-) Die dauerhafte Beschallung damit schafft einen Zustand, in dem man sich wirklich wieder über Stille freuen kann.
So geht es dann weiter, bis hin zu "Die Leute von Minraud". Das Stück beginnt recht sanft mit einem schleppenden Rhythmus, um dann zwischenzeitlich in Richtung weißes Rauschen abzudriften. Auch "Systemgraben" geht anfangs in ähnliche Wege, ein hypnotischer Rhythmus hält den Hörer gefangen, geht aber zunehmend in der Noise-Kulisse unter. Aus dieser schält sich dann ein neuer, wesentlich langsamer Trommelschlag heraus, der wieder an das Wirken einer Maschine erinnert. Den nimmt das abschließende "Die Hunde des Herrn" auf und kombiniert ihn mit noisigen Drones zu einer echten Werkhallenatmosphäre.
Seien wir ganz ehrlich: "Maschinenrepublik" ist nichts für Schöngeister. Der Sound ist recht rau, die Rhythmik eher konservativ und der Krachfaktor recht hoch. Mir gefällt's trotzdem, da N.Strahl.N sich immer bemühen, das Ganze nicht zu sehr zu überladen. Wer Flutwacht mag, macht hier nichts falsch.


Titel:
1. Maschinenrepublik
2. Schönheit Der Arbeit
3. Bildstaub
4. Knochenlese
5. Wer Wind Sät...
6. Die Leute Von Minraud
7. Systemgraben
8. Die Hunde Des Herrn


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N.STRAHL.N - mindscreen (3''-CD-R, Eigenverlag)

Die vorliegende kleine CD ist wieder mal ein echtes Werk des DIY-Industrial. Alles selbst gefertigt, ohne industrielle Massenproduktion. Das ist schon mal sehr löblich. Der Sound schließt direkt an die Ästhetik des Äußeren an, denn statt vorproduzierter Klänge sind vor allem manipulierte Field Recordings zu hören. Einen richtigen "Musikcharakter" haben die ersten zehn Minuten trotz einiger weniger Drones nicht, vielmehr wird hier eine "Ambience", eine Klangumgebung geschaffen. Stellenweise erinnert diese an seltsame Tiere, die schmatzend etwas fressen.
Dann geht es etwas "normaler" zu: nach einer kurzen Phase mit basslastigem Trommelschlag folgen dunkle, "ruhige" Drones, die mit verzerrten Stimmen und weit entfernten Schlaggeräuschen, die ab 20 Minuten mit White Noise akzentuiert werden.
Wie das Artwork nahe legt, geht es ums Fernsehen, der passende Spruch zum Thema lautet: "television is systematic brainwashing. just turn it off." Womit die Macher dieses Werkes Recht haben. Also lieber die Ohren gespitzt und in diese CD reingehört. Lohnt sich auf jeden Fall!

Titel:
1. Mindscreen part I - IV



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